17. August 2015 12:00h Townsend Mustang Motel
Ich stehe um 0:15h auf, ich höre Geräusche draussen, irgendetwas ist da. Es nützt ja nichts, Taschenlampe an, Bearspray in die Hand und raus aus dem Zelt. Die Geräusch-Verursachende-Spezies finde ich nicht. Ich beginne mit Zusammenpacken und stelle mich dabei geschickter an als gedacht. Los geht’s in die Dunkelheit
Ich fahre nach Wolf Creek und nehme dann die Recreation Rd bis zum Ende. Dann beginnt der illegale Teil der heutigen Operation. Ich fahre auf den Freeway und begegne zum Glück während der ganzen Zeit keinem Auto, keinem LKW, einfach niemandem. An der nächsten Ausfahrt verlasse ich den Freeway bereits wieder.
Jetzt beginnt die Grenzerfahrung:
Der Chevallier Dr, zuerst noch geteert aber schon bald Schotter, führt mich weg von der Zivilisation, in die Natur, den Wald, die Steppe, die Wildnis. Kein Natelempfang, die Nacht, der Schotterweg, ich und mein Fahrrad. Ich höre Musik, schaue weder rechts noch links, konzentriere mich auf die Schotterpiste. Einbildung ist jetzt der grösste Feind, ich versuche mich mit positiven Gedanken zu umgeben. Etwas wird mir ganz plötzlich sehr klar. Wenn deine Zeit abgelaufen ist, stirbst du. Passieren kann es überall, jederzeit, auch hier. Nieder gemacht von einem Bär, ein schlimmer Tod. Wenn dies mein Schicksal ist, hoffe ich er erledigt mich mit dem ersten Prankenhieb. Angst zu haben bringt nichts, wenn es soweit ist, passiert es. Doch ich verspühre Angst, eine Beklemmung, ein Unwohlsein. An diesem Ort, wo die Sterne die einzige Lichtquelle sind ausser meinem Velolicht, droht einem die Dunkelheit zu verschlingen.
Sterben möchte ich noch nicht, ich will leben. Ich schäme mich für mein Down vor zwei Tagen. Unnötig, unbegründet, denn ich habe alles, es gibt keinen Grund traurig zu sein. Gute Gedanken, viele gute Gedanken und die Dunkelheit kann nicht in einen eindringen. Nur ein guter Mensch, vermag dies zu tun Nur jemand der seine inneren Dämonen im Griff hat, besiegt hat, unter Kontrolle hat, vermag in der Dunkelheit zu bestehen. Leider bin ich keiner von diesen Menschen, die Dunkelheit hat mir Angst gemacht. Meine negativen Seiten sind zu stark, ich zweifle zu schnell, ich habe zu wenig Vertrauen zu meinen Mitmenschen, ich habe zu wenig Selbstbewusstsein. Es sind nicht alle, aber die wichtigsten. Die heutige Nacht hat mir gezeigt wie schwach ich bin, wie klein ich bin. Es wird schwierig der Mensch zu werden der ich sein könnte.

Das erste Licht, der Weg in Dunkelheit und Wildnis ist zu Ende. Ich bin noch da, ich lebe, ich bin sehr dankbar, es ist ein wunderschöner Tag.
Frederick J. Cowie ein Künstler aus Helena schenkt mir an diesem Tag ein Aquarell eines Büffels. Er sitzt per Zufall im selben Lokal wie ich. Ich wärme mich dort auf und esse ein kleines Frühstück. Das Geschenk bedeutet mir sehr viel an diesem Tag. Ich bin sehr aufgewühlt und nicht immer Herr über meine Gefühle.
Huch! Beim Lesen war ich jetzt auch etwas ängstlich. Ich glaube hier hattest du es mit einer Urangst des Menschen zu tun: Die Gefahren der Dunkelheit in einer nicht vertrauten Gegend. Stell dir vor, du wärst irgendwo in Tanzania gewesen! (Genau von da kommt wahrscheinlich auch diese Urangst des Homo sapiens sapiens).
In so einem Moment braucht es wohl starkes „Gottvertrauen“ – ob religiös oder nicht.
Wenn deine Mutter deine Zeilen liest, wird wahrscheinlich bei ihr ein Urinstinkt wach… (mein täglich Brot…)
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Angst, Zweifel und Unsicherheit gehören zum Leben. Besonders auf einer solchen Reise, in einer solchen Nacht. Doch genau wie die Nacht verschwindet die Angst, der Zweifel verfliegt, das Selbstwustsein kehrt zurück, stärker denn je. Solche Erfahrungen gehören dazu, müssen sein, um zu wachsen, sich zu stärken. Aus Ottimus-prime wurde Ottemesis-prime. Bereit für neue Taten und neue Erlebnisse, erhobenen Hauptes mit gestählter Brust auf seinem Feuerstuhl. Er denkt: „Egal wie es ist, es ist immer gut so. Ich glaube an mich!“
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